RhB-Geschäftsleitung stellt sich der Diskussion mit dem Lokpersonal

Seit mehr als 20 Jahren prangert das Lokpersonal der RhB den stetigen Unterbestand und die zunehmende Belastung an. Auch die Informationspolitik zwischen den verschiedenen Führungsstufen und dem Personal wird als mangelhaft kritisiert. An zwei Versammlungen des Lokpersonals wurden deshalb Geschäftsleitungsmitglieder eingeladen, um diese Punkte zu besprechen.

RhB-Direktor Renato Fasciati

Das Interesse war gross: 44 Teilnehmende in Schiers und über 30 Teilnehmende in St. Moritz nutzten Die Gelegenheit zur Diskussion mit der Geschäftsleitung der RhB. Dass auch von Seiten GL die Veranstaltung als Plattform zum Dialog erkannt wurde zeigt sich darin, dass RhB-Direktor Renato Fasciati an die Veranstaltung kam und mit dem Leiter HR und Stab, Andreas Bass und dem Leiter Produktion, Markus Barth, gleich 3 GL-Mitglieder die Versammlungen besuchten.

Die 3 Gäste nutzten die Gelegenheit, um auf das zurückliegende Geschäftsjahr zurückzublicken und auch einen Ausblick in die Zukunft zu werfen. Derzeit wird bei der RhB sehr viel in Rollmaterial und Infrastruktur investiert. Die aktuelle Zinslage, der Geschäftsverlauf und die Aufträge von den Leistungsbestellern Bund und Kanton erlauben dringend notwendige Modernisierungsschritte. Investiert wird aber auch in den Personalbestand, gemäss Aussagen der RhB-GL sollen in den nächsten Jahren rund 110 neue Stellen geschaffen werden. Markus Barth zeigte auf, dass ein Grossteil dieser Stellen im Bereich Produktion geschaffen werden und sich somit die Personalsituation langfristig entschärfen sollte. Das Personal nimmt die Schaffung neuer Stellen mit Wohlwollen zur Kenntnis, die Skepsis bezüglich einer spürbaren Entlastung ist aber aufgrund der Erfahrungen der zurückliegenden Jahre vorhanden. Investitionen in das Personal sind aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

Andreas Bass stellte die Erkenntnisse aus der aktuellen Mitarbeiterumfrage aus Sicht des Lokpersonals dar. Von Seiten Lokpersonal wurden über 40 Umfragebogen leer an A. Bass übergeben. Die GL RhB nahm dies zur Kenntnis, hält es aber für eine verpasste Chance, wenn jemand nicht an der Umfrage teilnahm. Gleichzeitig wurde von dieser Seite her aber auch zugegeben, dass im Rahmen zurückliegender Mitarbeiterumfragen zu wenig transparent über die Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten Massnahmen kommuniziert wurde. Hier gelobt man Besserung. Das Personal wird eine echte und offene Kommunikation mit Nachdruck einfordern. Es wurden an den Versammlungen auf jeden Fall spürbar, dass die 3 anwesenden GL-Mitglieder mit den zum Teil tiefen Zustimmungswerten beim Lokpersonal nicht zufrieden sind und eine Erhöhung dieser Werte angehen wollen. Als positiver Punkt wurde das Bekenntnis des gesamten RhB-Personals – dieser Wert ist auch beim Lokpersonal hoch – zur RhB genannt. Mehrere Votanten an den Versammlungen machten gegenüber der GL RhB klar, dass sie zur Erhaltung dieses hohen Wertes und zur Erhöhung der tiefen Werte in anderen Bereichen auch über die Salär-Politik nachdenken müssen. Hier wurde ein Branchenbenchmark als Vergleich versprochen und dieses Thema ist nach Ablauf der momentan gültigen Lohnvereinbarung mit Nachdruck anzugehen.

Die Diskussionen wurden engagiert geführt. Viele Versammlungsteilnehmende hatten sich sehr gut vorbereitet. Auch positive Punkte, wie etwa der verbesserte Einbezug der Peko-Technik wurden angesprochen.

Ein Punkt, welcher wohl auch weiterhin für Diskussionen sorgen wird, stellt die Sichtbarkeit des Lokpersonals in den Führerständen der Triebzüge dar. Renato Fasciati äusserte den ausdrücklichen Wunsch, dass das Lokpersonal die Rollos an den Rückwänden der Führerstände oben lässt, um der Kundschaft einen Mehrwert zu bieten. Das Lokpersonal nimmt diesen Wunsch zur Kenntnis, stellt sich aber ebenso klar auf den Standpunkt, dass dies der jeweiligen Person im Führerstand selbst überlassen werden muss. Eine Einschätzung, welche auch das BAV teilt. In einer entsprechenden Anfrage wurde dem SEV folgendes mitgeteilt: «Ist der Lokführer zu stark abgelenkt, darf er den Zug nicht weiter führen. Daraus kann gefolgert werden, dass je nach Situation und allenfalls auch nach Befindlichkeit des Lokführers subjektiv eine spezifische Ablenkung durch (filmende) Reisende als unangemessen wahrgenommen werden kann. In solchen Situationen muss der Lokführer das Recht haben, die «Störquelle» soweit zu eliminieren (z.B. Einsatz der Rollos), dass die sichere Zugführung nicht beeinträchtigt ist». Diesem Grundsatz gibt es aus Sicht der Lokpersonals nichts hinzuzufügen.

An beiden Orten dauerten die Versammlungen bedeutend länger, als ursprünglich geplant. Viele Votanten nutzten die Gelegenheit, ihre Befindlichkeit – in allem Anstand – offen und direkt den Vertretern der GL mitzuteilen. Es wurde aber auch sehr geschätzt, dass sich die 3 Herren diesen Diskussionen stellten und ebenso offen ihre Standpunkte vertraten und sich auch genügend Zeit nahmen, die angesprochenen Punkte zu diskutieren. Sie setzten damit ein Zeichen, dass sie an einer offenen Kommunikation wirklich interessiert sind. Um das Vertrauen des Personals vollständig wiederzugewinnen und die Zufriedenheit nachhaltig zu erhöhen, soll der Weg der gegenseitigen offenen Kommunikation weitergeführt werden.